23.Sonntag A Mt 18,15-20

23. Sonntag A 2014   Den Schuldigen warnen in Liebe und Barmherzigkeit

Einleitung

In einem makaberen Witz wird ein Mann, der für seine Freveltat zum Tode auf dem elektrischen Stuhl verurteilt wurde, gefragt, was sein letzter Wunsch sei. Seine Antwort war: “Der Richter soll mich im letzten Augenblick meines Lebens an der Hand halten.” Ist das  nicht ein ironischer Wunsch eines rachesüchtigen Menschen?

In jeder Gesellschaft gibt es Menschen, die Übles tun und sie hat sich daher mit der Lösung dieses Problems auseinanderzusetzen. Auch zur Zeit Jesu war das nicht anders. Im heutigen Evangelium werden wir hören: “Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht. Hört er nicht auf dich, dann nimm einen oder zwei Männer mit, denn jede Sache muss durch die Aussage von zwei oder drei Zeugen entschieden werden. Hört er auch auf diese nicht, dann sag es der Gemeinde.” Diese Worte kann man verstehen  aus einem juristischen, aus einem psychologischen und aus einem theologischen Blickwinkel.

Predigt

Vom rechtlichen Standpunkt aus ist es gut, das Gesetzbuch der Juden, die sogenannte Thora zu kennen. Das sind die ersten fünf Bücher Mose in unserer Bibel. Im Buch Levitikus heißt es: “Weise deinen Stammesgenossen zurecht, so wirst du seinetwegen keine Schuld auf dich laden.” Jede Übeltat hat Folgen für den Schuldigen und auch für die Gesellschaft. Menschen, die Böses tun werden zu Gegnern Gottes.  Sie handeln gegen Gottes Absicht. Gott will nämlich eine gerechte und gute Welt. Als gläubige Menschen müssen wir wissen, dass es bei solchen Problemen nicht nur um ein Hinschauen und  ein Nichtstun gehen kann.  Wir sollen uns  nicht wie ein Vogel Strauß benehmen, der seinen Kopf in den Sand steckt. Wir müssen unsere Stimme gegen das Böse erheben. Das ist die Aufgabe der Eltern, Lehrer, Leiter und Repräsentanten des Staates. Der Inhalt der religiösen Gesetze zielt nicht auf die Verurteilung von Menschen, sondern auf Rückführung eines Übeltäters zu einem guten Leben.

Wenn wir zum Beispiel im Evangelium die Ermahnung gehört haben: “Wenn dein Bruder sündigt, dann geh zu ihm und weise ihn unter vier Augen zurecht”, so bedeutet dieses Zurechtweisen eigentlich eine Rüge, das bedeutet den Menschen die Wahrheit vor Augen führen – und dies nicht im Zorn, sondern in Liebe. Erst wenn ein Frevler nach solchen Bemühungen nicht gehorcht, dann soll er seine gerechte Strafe erhalten. Das ist Gottes Wille, das ist schon im Gesetz des Moses verankert. Man könnte diesen Blickwinkel als juristische Betrachtung bezeichnen.

Vom Psychologischen her betrachtet, kann man die Hintergründe der Untat sehen, z.B. das Leben einer Person in  seiner Kindheit in einer fragwürdigen, unordentlichen Familie. Damit ist aber nicht alles entschuldbar. Aber man kann durchaus bemerken,  dass ein Mensch oft zum Übeltäter wird, weil er in seinem Familie nie Liebe erfahren und spüren durfte. Böse Taten geschehen oft aus Mangel an Liebe, denn wo keine Liebe ist, kann das Böse Raum gewinnen.

Nach dem juristischen und psychologischen Blick möchte ich jetzt zum theologischen, also religiösen Blick kommen. Das Evangelium bringt etwas Neues. Dort heißt es: “Hört er aber nicht auf mich, dann nimm einen oder zwei Männer mit.” Damit ist gemeint, dass sich ein sogenanntes Gerichtstribunal zum Fall äußern soll. Der Unterschied zwischen Zivilgericht und Kirchengericht ist, dass die kirchliche Gemeinschaft bei letzterem zu Gott beten kann. Es heißt ja: “Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.” Die kirchliche Gemeinschaft kann also im Gebet erbitten, dass sich der Frevler bekehrt. Die Absicht Gottes in dieser Situation ist in den Worten aus dem Buch Jesaja so ausgedrückt: “Das geknickte Rohr zerbricht er nicht und den glimmenden Docht löscht er nicht aus, ja er bringt das Recht.”  Oder an anderer Stelle – im Matthäusevangelium Kapitel 18 als Petrus fragte: “Herr, wie oft muss ich meinem Bruder vergeben, wenn er sich gegen mich versündigt hat? Siebenmal?”, da antwortet Jesus: “Nicht siebenmal, sondern siebenundsiebzigmal!” Also gibt es auch weitere Stellen in der Bibel, die zu diesem Thema etwas aussagen. Wichtig ist dabei, dass unsere Zurechtweisung nicht von Hass und Rache begleitet wird, sondern von Liebe und Gebet. So wird Gott auch in dem Herzen eines bösen Menschen alles zum Guten führen.

Zum Schluss möchte ich noch eine kurze Geschichte erzählen. Irgendwo im Gebirge lebte ein Mönch, den die Leute für heilig hielten. Doch eines Tages erfuhren die Menschen, dass dieser Mönch mit einer Frau in seiner Einsiedelei lebte. Die gläubigen Menschen gingen zum Bischof, um dieses Ärgernis anzuklagen. Dieser sagte zu ihnen: “Die Sache müssen wir gründlich überprüfen.” Nach einiger Zeit ging das ganze Dorf mit dem Bischof zur Einsiedelei hinauf. Als der Mönch sie kommen sah, versteckte er die Frau in einem Fass und setzte sich darauf. Die Menschen suchten die Frau, fanden sie aber nicht. Da sagte der Bischof zu ihnen: “Ich müsst euch nun beim Mönch entschuldigen, weil ihr ihn falsch angeklagt habt.” Zum Mönch aber sagte er: “Denk über dich nach und pass gut auf dich auf!” Diese Geschichte spricht mehr von Barmherzigkeit als von Gerechtigkeit, denn der Bischof reichte dem Mönch seine Hand als Hilfe, während die anderen ihre Hände zu Fäusten ballten.

Wir sollten unsere Hände lieber zum Gebet falten. Wenn wir uns an Jesus wenden in jeder Situation, dann werden wir sehen, dass in der Welt weniger das Böse und der Egoismus regieren, sondern die Liebe und Barmherzigkeit die Oberhand haben.

   

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