Jesus vor Pilatus

Wenn ein vornehmer,  würdevoller Mensch, der ein hohes Amt bekleidet, von seinen Mitmenschen verachtet, verspottet, geschlagen und schmählich misshandelt wird, ist das eine schreiende Ungerechtigkeit. Wenn aber selbst Gott von den Menschen, die er erschaffen hat, die er erhält und ernährt, die er ewig beglücken will, so grausam misshandelt wird, wie soll man eine solche Untat bezeichnen? So wurde aber wahrlich Jesus, der Sohn Gottes von Kajaphas so behandelt.

Dem Herrn schmerzte aber noch mehr als all diese Misshandlungen, dass er auch von einem seiner Jünger verleugnet wurde, nämlich von Petrus. Petrus und Johannes waren doch voll inniger Liebe ihrem misshandelten und leidenden Jesus nachgefolgt noch bis in den Vorhof des Gerichtshauses des Hannas und Kajaphas. In diesem Vorhof hatten die Soldaten und andere neugierige Leute ein Feuer gemacht, um sich zu wärmen, während Jesus von Hannas und Kajaphas verhört und misshandelt wurde. Auch Petrus ganz erstarrt von Kummer und Kälte drängte sich zum Feuer, um sich zu wärmen. Und hätte er gewusst, was ihm hier erwarten würde, er wäre niemals dorthin gegangen. Er wurde nämlich von den Umherstehenden erkannt und gefragt, ob er nicht auch einer von jenen Menschen sei, der dem Galiläer nachfolge. Petrus verleugnete Jesus und das nicht nur einmal, hier vor dem Feuer, sondern später noch ein zweites und ein drittes Mal. Er sagte, dass er nichts von diesem Menschen wüsste und ihn nicht kenne.

Nachdem Jesus diese schrecklichen Misshandlungen ertragen musste, wurde er aus dem Gerichtshaus herausgeführt, in ein Verlies, wo er die Nacht zubringen sollte. Dabei wandte sich Jesus um und sah den Petrus traurig und mitleidig an. Da erinnerte sich Petrus an die Worte, die Jesus einige Zeit vorher zu ihm gesagt hatte: “Ehe der Hahn zweimal kräht, wirst du mich dreimal verleugnen.” Petrus hatte also einen schweren Fehler gemacht, aber er bereute diese Verleugnung, tat Buße und  weinte sogar bitterlich über dieses Vergehen.  Er hatte die Warnung des Herrn ganz vergessen, zu viel auf seine eigenen Kräfte vertraut und darum war er gefallen. Er war schließlich so ohnmächtig, dass er die Worte Jesu ganz vergaß. Jesus hatte ja auch einmal gesagt: “Betet und wacht, damit ihr nicht in Versuchung fallt.”

Nachdem Jesus den Petrus so mitleidig angeschaut hatte und ihn dadurch zur Erkenntnis und Reue über seinen Fehltritt bewegte, wurde er fortgeführt und in eine enges Verlies gebracht, in dem er unter ständigen Verspottungen und Misshandlungen den übrigen Teil der Nacht verbringen musste.

Nach Tagesanbruch führte man ihn zu neuen Richtern, nämlich zu Pilatus und Herodes. Auch dahin wollen wir Jesus begleiten. Obwohl Pilatus ein Heide  war, benahm er sich viel menschlicher gegenüber  Jesus als  die Juden. Als er den Herrn so schrecklich misshandelt und entstellt sah, wurde  er mit Unwillen gegen die Juden  erfüllt. Sie hatten ihm schon in aller Frühe  sagen  lassen, er möge sich bereit  halten. Sie würden ihm Jesus von Nazaret,   der schuldig sei und der zum Tode verurteilt werden soll, überliefern. Er fragte die Hohenpriester: ,,Was für eine Schuld habt ihr denn gegen diesen Menschen vorzubringen?” Sie erwiderten:  “Wenn er kein Verbrecher  wäre, so würden  wir ihn  dir nicht  überliefern.” Hierauf  wurden falsche  Beschuldigungen   vorgebracht, wie: Er bringe das Volk in Aufruhr, er verbreite überall neue, unerhörte Lehren, er lässt sich den Gesalbten Gottes, den verheißenen Messias, den König der Juden nennen.

Auf die letzte Anklage hin, ging Pilatus einige Stufen hinunter zu Jesus und fragte ihn: “Bist du der König der Juden?” Jesus antwortete: “Ich bin zwar ein König, aber mein Reich ist nicht von dieser Welt, denn wenn mein Reich von dieser Welt wäre, so würden  meine Diener wohl für mich gekämpft haben, dass ich nicht den Juden überliefert werde. Mein Reich ist nicht von dieser Welt.”

Ja, Jesus ist in Wahrheit ein König und zwar der König der Herrlichkeit. Als Jesus dem Pilatus geantwortet hatte, dass sein Reich nicht von dieser Welt sei, fragte Pilatus weiter: “Also bist du doch ein König?” Und Jesus antwortete: “Du sagst es, ich bin ein König. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis gebe. Wer aus der Wahrheit ist, der hört auf meine Stimme.” Da sagte Pilatus: “Was ist Wahrheit?”

Wie antworten nun Menschen auf diese Frage. Vielleicht meinen sie, dass Wahrheit alles sinnlich Angenehme sei, alles, was irdischen Vorteil bringt. Aber da irren sie sich. Das ist nicht die Wahrheit, die Jesus meint, solche Wahrheiten sind oft Wege, die vergeblich sind. Nur bei Jesus und der Heiligen Kirche ist Wahrheit. Lasst uns daher niemals anderswo die Wahrheit suchen als bei Jesus und seiner Kirche!

Pilatus hatte nach den bisherigen Anklagen keine Schuld an Jesus gefunden, die sein Todesurteil sein könnten. Er hatte gehört, dass er aus Galiläa sei und das sie dort nur eine Gelegenheit suchten, um Jesus loszuwerden. Daher wurde Jesus, der ja ein Galiläer war, also ein Untertan des Herodes,  nun zu diesem geführt, der König von Galiläa war.  Er solle die Schuld feststellen, die Jesus vorgehalten wurde.

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