6.Sonntag der Osterzeit B Joh, 15,9-17

6.Sonntag der Osterzeit 2015- Das wollen, was ich machen soll

Einleitung

Ein heranwachsender Sohn fragt seinen Vater: “Vater, wie alt muss ich sein, dass ich das machen kann, was ich will?” Der Vater antwortete ihm: “Das weiß ich nicht, weil auf  der Welt noch nie jemand so lange gelebt hat.” Erwachsen wird ein Mensch dann wenn er sagen kann: “Ich will das tun, was ich machen soll.” Es ist leichter zu sagen: Ich werde das machen, was ich will. Es ist sehr viel schwerer zu sagen: Ich werde das machen, was ich machen soll. Wie geht es uns dabei?

Predigt

Jesus sagte im heutigen Johannesevangelium: “Dies ist mein Auftrag, dass ihr einander liebt, wie ich euch geliebt habe”. Einen Auftrag zu bekommen, das mag kaum jemand, da widersetzt sich etwas, nämlich unser Eigenwille. Wir wollen das machen, was wir wollen und nicht das, was uns andere befehlen. Wenn Jesus zum Beispiel zu uns sagen würde: “Willst du glücklich sein?” Dann würden wir wahrscheinlich nicht versuchen, etwas zu machen, was wir wollen, denn dieser Weg würde uns in die Einsamkeit führen. Wenn wir also versuchen, das zu tun, was andere sich von uns erwarten, dann wird sich unser Leben ganz anders entwickeln.

Dieser Auftrag Jesu, zu lieben und diese Liebe weiterzugeben, galt zuerst für ihn  selbst. Er konnte nicht machen, was er wollte, er hatte seinen Auftrag von Gott,  seinem Vater. In seinem Auftrag erfüllte er zum Beispiel die Liebe zu den Kranken, sodass er viele heilte.  Jesus dachte niemals egoistisch, sondern er handelt selbstlos und aus reiner Menschenliebe. Seine Apostel nahmen auch allmählich diese Haltung an. Das sollte auch für uns gelten. Wir sollten auch so handeln, wir sollten anderen erzählen von der Haltung Jesu. Unser Handeln nach dem Evangelium sollte dem Reich Gottes dienen. Den Aposteln wurde bewusst, dass es sinnvoll ist, das zu tun, was Gott von ihnen will. Sie waren sogar bereit, ihr Leben dafür zu opfern.

Im Griechischen gibt es für das Wort Liebe mehrere Ausdrücke. Zwei davon sind besonders wichtig zur Verständnis des Wortes Liebe. Da ist erstens das Wort Eros. Das bedeutet: Ich will den andern für mich. Ich liebe dich, weil ich mich bei dir sehr wohlfühle. Das zweite Wort ist Agape. Das bedeutet uneigennützige Liebe, Opfer, den Willen zu dienen. Eros ist also eine egoistische Bestätigung für sich selbst, Agape hingegen bedeutet eine Gabe für andere da zu sein. Eros sagt: Es geht um mich selbst. Ich werde machen, was ich will.  Agape sagt: Mir geht es um dich. Ich will das, was du brauchst. Wenn der Mensch das macht, was er gerade will, entstehen oft Konflikte. Wenn der Menschen das macht, was die anderen brauchen, entwickeln sich harmonische Beziehungen. Wenn wir das tun, was wir tun sollen, werden viele Probleme gelöst.

Phil Bosmans, ein belgischer katholischer Ordensgeistlicher, der zugleich auch viele geistliche Schriften verfasste, drückte das so aus: ” Wer liebt und geliebt wird, hat die Sonne von beiden Seiten.” Davon war nichts zu merken in den Konzentrationslagen, in den sowjetischen Gulags und im Regime von Pol Pot. Die Repräsentanten dieser Regime machten, was sie wollten. Sie hatten nicht “die Sonne von beiden Seiten”, sondern sie waren gefangen in ihrem Egoismus.

Was wirkliche Liebe ist, können wir aus der folgenden Geschichte eines englischen Schriftstellers erfahren: Eine Mutter bekam ein Telegramm, in dem vom Tod ihres Sohnes, der im Krieg gefallen war, mitgeteilt wurde.  “Wenn ich  ihn wenigstens noch einmal für fünf Minuten sehen könnte”, seufzte sie. Gott erhörte ihren Wunsch. Er sagte: “Du kannst deinen Sohn  sehen, aber da dein Sohn schon ein Erwachsener war, als er starb, s0 kannst du  dir die Zeit auswählen, in welcher Phase du ihn  sehen willst. Willst du ihn sehen als Soldat, der heldenhaft bei der Verteidigung seiner Heimat gefallen ist? Oder willst du ihn sehen, als er in die  Schule ging und eine Auszeichnung nach Hause brachte? Oder willst du ihn sehen als ganz kleines Kind, als er sich an dich schmiegte? Die Mutter antwortete: “Ich will ihn sehen, als er zu mir kam, mich um Verzeihung bat, weil er mich geärgert hat.” Die Mutter wollte sich jenen Augenblick in Erinnerung rufen, als ihr Sohn sie brauchte.

Die schönste Sache auf der Welt ist, wenn wir gebraucht werden. Das gilt auch in unserer Beziehung zu Gott. Gott liebt uns, weil er das für jeden von uns will. Die Frage ist: “Will ich diese Liebe erwidern?” Wie es sich uns gegenüber im Leben erweist, das heißt,  wie er uns unendlich liebt, so sollen auch wir ihm in unserem Leben unsere Liebe zeigen. Herr wir danken dir dafür, dass du zu uns gesagt hat: ” Dies ist mein Auftrag  ,dass ihr einander liebt.”

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