14.Sonntag im Jahreskreis A Mt 11,25-30

14.Sonntag A 2o14

Einleitung

Es wird ein Gesetzesvorschlag vorbereitet, der verbieten soll, dass Menschen, wenn sie über eine Kreuzung gehen, kein Handy, keinen Walkman und ähnliches verwenden dürfen. Wenn man sich beim Hinübergehen nicht konzentriert, kann man sich selbst oder andere gefährden. Diese Unkonzentriertheit gibt es aber nicht nur beim Überqueren einer Kreuzung. Man kann auch junge Menschen beobachten, die ein Buch vor sich haben, um zu lernen und nebenbei wird Musik in voller Lautstärke gespielt. Auch Erwachsene lesen ein Buch und sie hören gleichzeitig Musik. Selbst das Abendessen wird oft nicht in Ruhe zu sich genommen, weil gleichzeitig der Fernseher läuft.

Ich aber finde folgendes als richtig, was ein alter Mönch einmal gesagt hat: Wenn ich esse, so esse ich, wenn ich lese, so lese ich, wenn ich mit jemanden spreche, so spreche ich. Man sollte also immer bei der Sache bleiben, die man gerade tut. Vielleicht ist das auch ein Problem der Hektik der Zeit, in der wir heute leben.

Predigt

Diese Hektik hatte Jesus nicht. Wenn er jemanden heilte, so konzentrierte er sich auf das Heilen. Wenn er durch die Felder ging, freute er sich an den Ähren oder an den Weinreben und er verwendete sie als Bilder für seine Gleichnisse. Wenn er mit seinen Aposteln sprach, konzentrierte er sich auf dieses Gespräch. Da gab es für ihm keinen anderen Termin, den er gleichzeitig erledigen musste. Er lebte den Augenblick in seiner ganzen Fülle.

Im Evangelium sagt Jesus: “Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt. Ich werde euch Ruhe verschaffen. Nehmt mein Joch auf euch und lernt von mir, denn ich bin gütig und vom Herzen demütig, so werdet ihr Ruhe finden für eure Seele.” Wir sollten uns freuen, wenn wir Freizeit haben und die Ruhe genießen können. Aber vielfach denken wir schon an die vielen Aktivitäten, mit der wir unsere freie Zeit füllen können. Unsere freie Zeit wird zu einer Zeit, wo wir sehr aktiv sind. Diese Aktivität wird uns aber nicht von außen auferlegt, sondern wir wählen sie selbst. Aus der freien Zeit wird dann nicht wirklich eine Freizeit.

Die Römer erlebten ihre freie Zeit, als eine Zeit, die ihnen heilig war, die nur ihnen gehörte. In der lateinischen Sprache wird die freie Zeit als otium bezeichnet, das bedeutet Ruhe, Friede, Behagen. Und ich denke, dass jeder Mensch in seinem Leben solche Zeiten braucht, in denen niemand ihn stören darf. Eine Zeit, die jedem persönlich gehört ist auch eine heilige Zeit, eine Zeit, die Wunden heilt. In der freien Zeit finden wir zu uns selbst und auch zu Gott. Ich kann also das machen, was meiner Seele und meinem Leib gut tut. Die Frucht der freien Zeit kann man als Friede für die Seele bezeichnen. Leider sind manche sehr egoistisch, sie können nie genug vom Leben haben – und das ruft Unruhe und Müdigkeit hervor. Aber dieser Egoismus ist trügerisch, und man geht Illusionen nach. Wer nur Illusionen hat, lebt in einer Welt, in der man niemals Ruhe finden kann. Nur in der Stille findet man die volle Wahrheit.

Der Mystiker Meister Eckhart, der im 13. Jahrhundert lebte, meinte: Ein Mensch ist solange in Ruhe, solange ihn keine Leidenschaften beherrschen. Der Mensch aber denkt, dass er sein Glück und seine Befriedigung in den Leidenschaften finden wird. Jesus aber sagt zu uns und ich wiederhole es nochmals: “Kommt alle zu mir, die ihr euch plagt und schwere Lasten zu tragen habt.” Ja, nur in Gott können wir Ruhe finden. Nur wenn wir uns von unseren Leidenschaften abwenden, können wir Ruhe finden.

Eine Frage: Verstehen wir, wie es gelingt zur Ruhe zu kommen? Dazu ein Beispiel: In China gibt es ein Gewächs. Wenn es gepflanzt wird, wächst es in den ersten vier Jahren fast nicht, so scheint es. Leicht kommen die Menschen in Versuchung, die Pflanze wieder auszugraben.  Die chinesischen Gärtner aber wissen, dass das so ist  und gießen die Pflanze und lockern die Erde rundherum. Und dann passiert es – während des fünften Jahres wächst die Pflanze so rasch, dass sie in zwei Monaten eine Höhe von drei Metern erreicht. Die Pflanze braucht also Zeit.

Auch wir brauchen Zeit, damit wir uns entfalten können – eine Zeit der Ruhe und eine Zeit des Gebetes. Das ist nicht bei jedem Menschen gleich, einer braucht mehr, einer weniger Ruhe. Nur wichtig ist, zu wissen, dass wir diese Zeit der Ruhe, der Stille alle brauchen, damit wir dann später wieder eine gute Leistung erbringen können. Sind wir Jesus dafür dankbar, dass er uns darin ein guter Lehrer ist. Zeit ist ein Geschenk Gottes. Er schenkt sie uns, damit wir neue Kräfte schöpfen und auch zu schöpferischen Menschen uns entfalten können.

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