Was die Heiligen vor Gott groß und geehrt macht, das ist eben nicht Adel und Reichtum, Würde und Ansehen dieser Welt. Wohl weißt die Mehrzahl der Menschenkinder nichts anderes zu schätzen, als diese Scheingüter, welche heute sind und morgen nicht mehr, denn wie die Nebel des Herbstes verschwinden, wenn im Glanze die Sonne sich über den Talgrund hebt. Was die Heiligen vor Gott groß macht und geehrt, das ist eben nur Gottes und Macht auf der einen und der Heiligen Demut und Selbstverleugnung und Verachtung aller irdischen Größe auf der anderen Seite. Und wenn wir mit Recht die Heiligen ehren und ihre Tage feierlich begehen, so beabsichtigt, die Kirche damit eben nicht anderes, als Gott zu preisen, der wunderbar ist in seinen Heiligen, und diese Heiligen selbst, als unsere Muster und Vorbilder zu betrachten und ihnen mit allen unseren Kräften nachzueifern. Gleichwie aber die Lilie von der Rose und die Rose von Tulpe verschieden ist. Wie Paulus schreibt, die Seligkeit der Heiligen und ihr Glanz verschieden, obgleich sie alle Gott preisen und verherrlichen und uns erfreuen und uns zur Tugend mahnen. Bekannt ist das Wort des heiligen Cyprianus. Die Demut ist das Fundament der Heiligkeit, so so jenes des heiligen Hieronymus. Die erste Tugend der Christen ist die Demut. Alle Heiligen waren demütig. Unsere seligen Brüder im Himmel würden jetzt die ewige Seligkeit nicht genießen, wenn sie nicht heilig auf Erden gelebt hätten. Sie würden aber nicht ein so heiliges Leben geführt haben, wenn nicht vorerst ein heißes Verlangen nach Heiligen, nach Vollkommenheit ihre Seele erfüllt hätte. Dieses Verlangen nach Heiligkeit ist dennoch das wichtigste Mittel zur Heiligkeit wirklich zu gelangen. Wenn wir aus ganzem Herzen darnach verlangen, heilig zu sein. Der heilige Augustin. Das ganze Leben eines guten Christen ist heilige nach Selbstvervollkommnung. Denken wir recht oft daran, dass es unsere Bestimmung ist, Gott unserem Schöpfer, immer ähnlicher zu werden, dass es höchste Würde des Menschen ist, ein Ebenbild Gottes, des Allerheiligsten, zu sein, und dies Ebenbild immer reiner und schöner in sich darzustellen. Stellen wir uns täglich das Wort des Apostels vor Augen. Das ist der Wille Gottes eure Heiligung. Erneuern wir täglich den Vorsatz in uns, unsträflich vor Gottes Angesicht zu wandeln. Aber merken wir. Niemand wird gekrönt, der nicht gesetzmäßig gekämpft hat. Du musst heilig werden wollen, so wirst du auch selig werden. Die Heiligen, die jetzt im Himmel sind, haben auch oft, recht empfunden, dass sie schwache Menschen seien. Das Gebet ist das weitere Mittel zur Heiligkeit zu gelangen. Von Gottes Gnade unterstützt ist der schwache Mensch stark zu allem Kampfe und zu aller Anstrengung. Darum muss er zu Gott um Kraft bitten, wer bittet, wird empfängt. Diejenigen, die wir nun als Heilige verehren haben in ihren Lebenstagen auf Erden ihr Verlangen und Streben nach Heiligkeit fort und fort genährt durch Anhörung und Lesung des Wortes Gottes. Auch uns wird diese Anhörung und Lesung des göttlichen Wortes ein kräftiges Mittel zur Heiligkeit. Der heilige Augustinus, da er noch immer zwischen Tugend und Sünde schwankte, hörte einmal eine Stimme, die zu ihm sprach: Nimm und lies. Er schlug die heilige Schrift auf, und die erste Stelle, die sich ihm darbot, machte solchen Eindruck auf ihn, dass von diesem Augenblicke an der ernste Entschluss standhafter Bekehrung in ihm feststand und auch ins Werk gesetzt wurde. Und gibt es noch ein anderes Mittel zur Heiligkeit zu gelangen, der Hinblick auf das Leben und auf die Beispiele der Heiligen. Wenn ein Maler ein Gemälde für sich abzeichnet, so sieht er von Zeit zu Zeit auf das Original hin und sucht die Züge davon auf sein Werk überzutragen. So muss auch der, welcher in aller Tugend und Heiligkeit sich vervollkommen will, auf die Lebens beispiele der Heiligen seinen Blick richten und ihre Tugenden und guten Werke durch Nachahmung sich anzueignen suchen. Dieses bestätigend, sagt der heilige Gregor von Nyssa, es ist zu glauben, dass deswegen die Lebensbeschreibungen der vorzüglichsten Männer verfasst worden seien, damit unser durch ihre Nachahmung zur Tugend und allem Guten auf desto geraderem Wege hingeleitet werde.
heit