13. Sonntag im Jahreskreis C 2013

Ein kleiner Junge saß auf der Straße und weinte. „Was ist passiert?“, fragte eine vorbeikommende Frau. „Ich bin verloren gegangen“, antwortete der Junge. „Weißt du deine Adresse?“, fragte die Frau. „Ja, Matheus@gmail.com“, sagte er schluchzend.
Das Wort „Adresse“ kann verschiedene Bedeutungen haben. Sowohl die Post- als auch die E-Mail-Adresse sind wichtig, aber für den kleinen Jungen waren sicherlich das gute Herz seiner Mutter und seines Vaters die bedeutendste Adresse.

Vor zweitausend Jahren hörten die Menschen auf Jesus, und viele wollten ihm folgen. In seiner großen Begeisterung sagte eines Tages ein Mann zu Jesus: „Ich will dir folgen, wohin du auch gehst.“ Jesus antwortete ihm: „Die Füchse haben ihre Höhlen und die Vögel ihre Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“
Wir könnten einwenden: „Entschuldige, Herr, aber deine Zeitgenossen haben bereits Häuser aus zugänglichen Materialien gebaut.“ Warum hast du nicht auch für dich ein Haus gebaut?“
Wir kennen die Antwort. Jesus war ein Prophet und Wanderprediger. Er wollte in den Herzen der Menschen wohnen. Er wollte darauf aufmerksam machen, dass der Mensch nicht nur hinter vier Mauern wohnt. Er hat auch die Möglichkeit, im Herzen Gottes zu wohnen.
Diesen Jesus folgten drei Gruppen von Menschen: die Apostel oder Jünger, die Volksmenge sowie die Pharisäer und Schriftgelehrten, also seine Gegner. Den Aposteln gab er Instruktionen zum geistlichen Leben. Mit den Pharisäern und Schriftgelehrten sprach er in Gleichnissen über die Folgen, die sich ergaben, wenn sie seine Lehre abweisen würden.

Die erste Unterweisung lautet, dass man Böses nicht mit Bösem vergelten soll. Als die Apostel in einem samaritanischen Dorf eine Unterkunft suchten, wurde sie ihnen abgelehnt, weil sie Juden waren. Jakobus und Johannes wollten sich rächen und befahlen dem Herrn: „Lass Feuer vom Himmel fallen und vernichte sie!” Jesus rügte sie jedoch wegen dieses Wunsches. Er wollte das Dorf nicht vernichten, sondern retten. Damit gab er den Aposteln eine starke Lektion. Mit Rache lassen sich keine Konflikte lösen; das ist nicht der richtige Weg. Das Böse wird dadurch nur größer.

Die zweite Unterweisung lautet: Liebe vor Egoismus zu bevorzugen. Als jemand zu Jesus sagte: „Lass mich zuerst heimgehen und meinen Vater begraben“, antwortete er: „Lass die Toten ihre Toten begraben.“ Für Jesus bedeutet das: Der Lebende ist der, in dem die Liebe zu Gott ist. Der Tote ist der, der voller Egoismus, Sünde und Zorn ist. Jesus macht die Menschen darauf aufmerksam, dem Leben statt dem Tod zu folgen. Für einen gläubigen Menschen ist die letzte Adresse nicht der Friedhof, sondern der Himmel..

In der dritten Unterweisung geht es um das geistige Leben. Man sollte die Beziehung zu Gott allen sozialen Beziehungen vorziehen. Im Evangelium hat es geheißen: „Zuvor aber lass mich von meiner Familie Abschied nehmen.“ Und Jesus antwortet darauf: „Keiner, der die Hand an den Pflug gelegt hat und nochmals zurückblickt, taugt für das Reich Gottes. Denken wir da ganz praktisch: Wer ackert, der schaut nach vorne in die Furche, die er mit dem Pflug zieht.
Jesus will von allen, die ihm nachfolgen, dass ihr Blick auf Gott richtet. Diese Aufforderung gilt auch noch nach 2000 Jahren.

Das Evangelium stellt uns die Frage: Wem und was folgst du in deinem Leben? Was sind deine Prioritäten? Bist du an der richtigen Adresse? Das Fernsehen führt uns tagtäglich so vieles vor Augen. Der Alkohol ruft: „Trink mich!” Du wirst sehen, wie gut du dich dann fühlst! Das Geld ruft: Verdiene mich! Mach Karriere! Dann wird es dir gut gehen.
Der Mensch muss überlegen, wem oder was er folgen will und welche Themen sein Leben erfüllen sollen. Es genügt nicht, täglich seine E-Mails zu lesen. Wichtiger ist es, sein Herz für Gott zu öffnen.

Ein deutscher Soldat erzählte eine Geschichte aus dem Zweiten Weltkrieg. „In der Nacht haben wir zwölf Russen gefangen genommen. Am nächsten Morgen wurden sie verhört. Es war ein warmer Tag und die Russen hatten Durst. Ich fragte meinen Kommandanten, ob ich ihnen etwas zu trinken geben dürfte. Er stimmte zu, und ich brachte ihnen einen Krug Wasser. Nachdem die Russen getrunken hatten, berührte jeder von ihnen meine Hand und flüsterte „Spasiba”, was „Danke” bedeutet. Es war eine brüderliche Geste gegenüber Menschen, die sich in einer schwierigen Situation befanden. Am Nachmittag holte ich beim Kommandanten die Erlaubnis, den Russen Brot zu geben. Er verstand mich nicht. Ich sagte: „Auch sie sind unsere Brüder!“ Ein Soldat brüllte mich jedoch an: „Du bist verrückt geworden. Man kann diesen Lumpen doch kein Brot geben!“ Dann fragte er mich: „Woher kommst du?“ Ich antwortete: „Ich komme aus Süddeutschland. Denk daran: Wenn wir gefangen genommen würden und ein Russe uns Brot gäbe, wären wir ebenso dankbar!“
Wer Jesus folgt, wird gut, liebenswürdig und barmherzig sein. Er wohnt an der richtigen Adresse, nämlich im Herzen Gottes.
Jesus, wir wollen uns dir öffnen. Wir bitten dich, in unsere Herzen einzutreten, damit du einen Ort hast, wo du dein Haupt hinlegen kannst.

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