22.Sonntag im Jahreskreis C

22. Sonntag C

Einleitung.
Jesus empfiehlt den Menschen oftmals die Demut. Er sagt im heutigen Evangelium: “ Denn wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.
Warum betont Jesus die Niedrigkeit? Um auf diese Frage eine Antwort zu finden, müssen wir zuerst wissen, was Jesus unter Niedrigkeit versteht. Jesus will nicht, dass ein gläubiger Mensch sich vor jedem verneigt, um demütig zu sein. Jesus meint eine ganz andere Niedrigkeit. Ich denke da an die Stelle im Matthäusevangelium, wo es heißt: „Amen, das sage ich euch: Wenn ihr nicht umkehrt und wie die Kinder werdet, könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen. Wer so klein sein kann wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Größte.“ Was bedeuten diese Worte? Das Kind ist auf seine Eltern angewiesen. Jesus will, dass wir Menschen auf den himmlischen Vater angewiesen sind.

Predigt.
Niedrigkeit vor Gott bezeichnet man auch als Demut. Nur wenn man demütig vor Gott ist, findet man ihn. Im ersten Petrusbrief heißt es: „Denn Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade.“ Der Philosoph Blaise Pascal definiert die Demut vor Gott folgendermaßen: Der menschliche Verstand ist beschränkt. Er kann die Unendlichkeit nicht erfassen. Er muss sich demütigen, um die Unendlichkeit erkennen zu können.
Ich möchte auch den modernen französischen Philosophen Jean Paul Sartre zitieren. Er war Atheist. Und warum war er Atheist? Seine Gedanken waren so: Der Mensch ist frei und weil er frei ist, kann es keinen Gott geben. Wenn es einen Schöpfergott gäbe, wäre der Mensch Gott untergeordnet. Doch der Mensch kann niemanden untergeordnet sein, denn er ist groß, uneingeschränkt, ein Held. Und wenn sich der Mensch dessen bewusst ist, kann er nicht Gott anerkennen. Merken Sie, wie überheblich diese Philosophie des Sartres ist? Kann solch ein Mensch an Gott glauben, zu Gott beten? Nur wenn der Mensch vor Gott demütig ist, bekommt er die Gabe des Glaubens geschenkt.
Der russische Schriftsteller und Denker Leo Nikolajewitsch Tolstoi veranschaulicht das sehr schön in der Geschichte: „Der König und der Hirte“. Ein König sagte gegen Ende seines Lebens zu seinen Höflingen: „Während meines Lebens habe ich alles gesehen und gehört, was ein Mensch sehen und hören kann. Nur Gott habe ich nicht gesehen.“ Und dann gab er seinen Höflingen drei Tage Zeit, ihm irgendwie Gott zu zeigen. Wenn ihr es nicht schafft, dann müsst ihr sterben. Die Höflinge bekamen große Angst, denn sie wussten nicht, wie sie dem König Gott zeigen könnten und drei Tage sind keine lange Zeit dafür. Zum Glück kam ein Hirte, der über den Wunsch des Königs gehört hatte. Er sagte zum König: „Erlaube mir, Herr König, dass ich dir diesen Wunsch erfülle.“ „Gut“, sagte der König, „aber bedenke, dass es um deinen Kopf geht.“ Daraufhin führte der Hirte den König in die Natur. Er sagte zu ihm: „Schauen Sie doch die Sonne an!“ Der König schaute in die Sonne, aber die Sonne blendete ihn schrecklich. Er sagte zum Hirten: „Willst du, dass ich die Sehkraft verliere?“ Dieser antwortete: „Sehen Sie, Herr König, die Sonne ist nur ein kleine Abglanz der Größe Gottes, nur ein Feuerfunke seines Lichts. Wie kannst du da mit deinen schwachen Augen Gott anschauen. Suche Gott mit anderen Augen!“ Da sagte der König: „Ich werde Gott mit den Augen des Verstandes suchen.“ Dann sagte er noch: „Kannst du mir sagen, was früher war als Gott.“ Der Hirte sagte zum König: „Zähle ganz langsam!“ Der König fing an zu zählen: „Eins, zwei, drei!“ „Nein, fange mit dem an, was vor dem Einser ist!“, meinte darauf der Hirte. „Vor dem Einser ist nichts!“ sagte der König. Die Antwort des Hirten: „Da hast du recht, Herr König und so war auch vor Gott nichts!“ Da nahm der König den Hirten mit in seinen Palast und zeigte ihm alle seine Reichtümer. Er sagte zu ihm: „Ich belohne dich reichlich, wenn du mir auf die Frage antworten kannst: Was macht Gott?“ Der Hirte meinte: „Das werde ich Ihnen beantworten, aber ich habe noch eine Bitte an Sie, tauschen wir die Stellung und die Kleider!“ Sie taten es und der Hirte setzte sich auf den Thron und sagte: „Herr König, das macht Gott, die einen befördert, die anderen erniedrigt er.“ Nach diesen Worten hat der König lange und intensiv nachgedacht und wurde demütig.
Denken wir nun an uns selbst, sagen wir nicht auch manchmal – ich kann nicht glauben, ich kann nicht beten. Brüder und Schwestern, merken Sie wo der Fehler liegt? Der Fehler liegt an unserem Stolz, an unserem Nichtangewiesensein auf Gott, also wenn wir uns zu selbständig fühlen. Dieser Weg führt nicht zu Gott. Zu Gott führt die Demut. Sie werden jetzt begreifen, warum Jesus uns die Demut ans Herz legt!

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