33. Sonntag B Mk 13,24-32

33. Sonntag 2015  Mk 13,24-32  Ausgewählt ist der, den Gott erwählt hat

Einleitung

Wir alle kennen Menschen, mit denen wir gerne sprechen und die wir gerne sehen. Wir kennen aber auch  Menschen, wenn wir ihnen begegnen,  sagen wir zu ihnen:  Verzeih, ich habe keine Zeit, ich bin in Eile. Das sagt aus, dass uns manche Menschen sympathisch, andere aber unsympathisch sind.  Manchmal schreiben wir Gott ebenfalls menschliche Eigenschaften zu. Wir sagen, für ihn gibt es besonders Auserwählte.  Ist das wirklich so?

Predigt

Im Evangelium hörten wir: Und er wird die Engel aussenden und die von ihm Auserwählten aus allen vier Windrichtungen zusammenführen, vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels. Wer gehört in den Augen Gottes zu den Auserwählten?  Gott ist unser Vater. Er liebt alle Menschen, also sind alle bei ihm  Auserwählte. Aber wir Menschen müssen eine Antwort darauf geben. Wir müssen sagen: “Gott, ich will zu dir kommen.” Darum müssen wir uns das ganze Leben lang bemühen. Ob wir auswählt sind oder nicht, das hängt von uns ab. Das gilt für alle Menschen, egal, ob sie in Europa, Asien, Afrika oder in Australien leben. Wir  müssen Gott nicht fragen, ob wir zu  den Auserwählten gehören oder nicht. Nicht darin liegt das Problem, sondern ob wir zu den Auserwählten gehören wollen oder nicht.

Ich denke da an einen Briefträger. Wenn er jemanden eine eingeschriebene Sendung bringt, muss der Empfänger mit seiner Unterschrift den Empfang  bestätigen. Wenn er nicht unterschreibt, wird er die Sendung nicht bekommen. So ähnlich ist es auch mit der Auserwählung, wir müssen sie für unser ganzes Leben sozusagen auch  ,,unterschreiben”. Viele Menschen halten  sich an andere Ideale. Sie verstricken  sich in Lügen und sind dem  Alkohol zugetan. Für viele Faulenzer ist das Ideal die Bequemlichkeit. Einige Repräsentanten der öffentlichen  Verwaltung wählen die Korruption als Ideal. Von Gott wird ein Mensch nur dann auserwählt, wenn er als Ideale das Gute,  die Liebe, die Wahrheit, die Gerechtigkeit wählt. Wir müssen durch unser Leben immer zeigen: Gott ist das Ideal unseres Lebens.

Viele Geschehnisse bestätigen, dass sich der Mensch auch in  schwierigen Zeiten liebevoll verhalten kann, also Gott wählt. Im Jahre 1944 sah  der türkische Konsul Herr Negdet  in  Marseille, wie die Deutschen eine große Razzia machten. Er schreibt darüber folgendes:   Einmal am Abend kam Siddi Iskan zu mir. Das war ein Jude aus der Türkei. Er arbeitete am Konsulat als Dolmetscher. Er entsetzte sich darüber, dass die Deutschen über 80 türkische Juden verhaftet haben. Sie haben  sie zum Bahnhof gebracht und von dort sollen sie  in ein Lager kommen. Siddi weinte sehr. Wir stiegen in das Auto und  fuhren zum Bahnhof. Dort habe ich etwas Unglaubliches gesehen. Die Viehwaggons waren  mit Hunderten von  Männer, Frauen und Kinder angefüllt. Ich wurde sehr zornig. Auf einem Waggon war geschrieben, dass sein Kapazität für 20 Stück Vieh und 500 kg Heu sei, darin waren aber 80 Menschen. Als ein deutscher Offizier  von meiner Anwesenheit  erfuhr, wollte er wissen, warum ich  mich für den Transport interessiere. Ich erklärte ihm höflich,  dass diese Menschen  türkische Staatsbürger seien und ihre Verhaftung ein Irrtum sei, der wieder gutgemacht werden muss. Der Offizier sagte zu mir, dass er nur Befehle ausführe und die Menschen in den Waggons nicht Türken sondern Juden seien. Darauf flüsterte ich  Siddi Iskam zu: “Kommen Sie, wir gehen in den Zug!” Wir stiegen in den Waggon ein und der Zug setzte sich in Bewegung. Als der Zug nach Arleese kam, kamen deutsche Offiziere zum Waggon. Sie entschuldigten sich dafür, dass der Zug von Marseille abgefahren ist, und ich noch drinnen war. Es war ein Fehler und die verantwortlichen Menschen werden bestraft. Ich habe ihnen gesagt, dass dies kein Fehler sei, sondern dass es anstößig sei, die türkischen Bürger jüdischen Religionsbekenntnisses in die Waggons für das Vieh  zu ,,stopfen”.  Ich habe gesagt, dass es nicht in Frage kommt, diese Menschen allein zu lassen. Ich lehnte es ab, ohne diese Menschen nach Marseille zurückzukehren. Der deutsche Offizier ging weg, um sich zu informieren. Als er zurückkam, fragte er mich, ob alle diese Menschen Türken seien. Alle erstarrten. Dann habe gesagt: “Ja, alle sind Türken!” Ich werde nie vergessen, wie die Menschen sich bei mir bedankt haben. Wir kamen alle nach Marseille zurück. Ich habe noch nie solch einen Frieden gespürt wie an diesem Abend. Ein Mensch, der helfen will, der sein Leben riskiert, solch einen Menschen wählt Gott aus.

Mit Dankbarkeit stehen wir vor Gott, und wir werden uns dessen bewusst, was Gott schon für uns getan hat. Bitten wir um die Kraft, damit wir unsere  Auserwählung tagtäglich bestätigen und so unser Ziel erreichen –  das  ewiges Leben in der Herrlichkeit Gottes.

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